``Wir sind entlassen. Endlich wieder ein normales Volk. Wer will uns jetzt noch was?`` Peter Schneider, Romanautir und Dramatiker, lebt seit 1961 in Berlin. Mit seinen literarischen Reportagen ``Extreme Mittellage`` beschreibt und durchdenkt er die Folgen der Maueröffnung und der deutschen Einheit. ``Die Mauer war hierzulande die letzte, fühlbare Folge des von den Deutschen verschuldeten Krieges, die offene Wunde, die sich nicht schließen wollte. Mit der restlosen Beseitigung der Mauer wird wmöglich auch die Erinnerung an die Schuld der Deutschen abgeräumt. Zu befürchten ist, das ausagrechnet das fatalste Produkt der DDR-Kultur nun auch im vereinten Deutschland Furore machen wird: der Deutsche mit dem guten Gewissen.``
Als ich im April 1988 nach einem Jahr im Westen mein Land wiedersah, erlebte ich ein fröhliches Chaos, eine Art Volksfest der Intelligenz. Die alten Strukturen befanden sich in Auflösung, die neuen erwiesen sich noch als embryonal. Der Zusatand erinnert mich an die Wiener Manierismusausstellung, an einen Saal aus dem 17. Jahrhudert, den sein Erbauer mit ASbsicht unter Mißachtung aller Gesetze der Perspektive gestaltet hat. Als ich diesen Saal zum ersten Mal betrat, wurde es mir schwindelig. Ich wusste nicht mehr, ob ich am rechten Ort war, und lehnte mich ein paar Minuten an diue Wand, um ncht umzufallen. Ähnlich war meine erste Begegnung mit der damals in Ansätzen existierenden ungarischen Demokratie.